Ich starre auf die Uhr in meinem Klassenraum und zähle die Minuten bis 16:00 Uhr. Zum Glück ist morgen ein kürzerer Tag. Vor mehreren Jahren haben viele Hamburger Schulen, unter anderen auch die Irena-Sendler-Schule, zum Ganztagsprogramm gewechselt. Das bedeutet, dass die Schüler/innen, die auf so eine Ganztagsschule gehen, drei Tage die Woche bis 16:00 Uhr in der Schule sein müssen. Es gibt drei Arten von Ganztagsschulen. Die Irena-Sendler-Schule ist eine teilgebundene Ganztagsschule, die eine gute Abwechslung zwischen Schule, Freizeitangeboten und speziellen Kursen anbietet. Ich habe mehrere Schüler/innen befragt, wie sie es finden, auf einer Ganztagsschule zu sein und drei Tage die Woche bis 16:00 Uhr Schule zu haben. Dabei bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ein Großteil der Schülerinnen zwar die Vorteile an diesem Programm erkennen, aber vor allem die Schüler/innen aus den oberen und mittleren Jahrgängen sich wünschen würden, früher nach Hause gehen zu dürfen und nicht an Freizeitkursen teilnehmen zu müssen. In einem Kurzinterview mit einem Schüler aus der 10d erzählte er mir, warum er gerne früher nach Hause gehen würde: „Mich stört es, dass wir Schüler:innen bis 16:00 Uhr in der Schule sein müssen und teilweise gar keinen richtigen Unterricht haben, sondern zum Beispiel die Neigungskurse wahrnehmen müssen. Was bringt es uns, unbenotete Stunden als Erholung zu haben, die uns zwingen länger in der Schule zu sein, wenn wir unsere Freizeit zu Hause für uns besser und sinnvoller gestalten könnten, mit exakt unseren Interessen? Andererseits verstehe ich natürlich das Prinzip, aber ich würde mir wünschen, dass es verschiedene Regelungen gibt, wie man mit verschiedenen Jahrgängen individuelle Absprachen treffen könnte.“ In einem weiteren Interview erzählte mir Frau S., eine Mutter von zwei Kindern auf einer Ganztagsschule, warum sie ihre Kinder auf eine Ganztagsschule geschickt hat: „Für jüngere Kinder ist dieses Konzept wirklich gut, aber je älter die Kinder werden, desto überflüssiger wird es, weil die Jugendlichen nachmittags teilweise sehr erschöpft von der Schule nach Hause kommen und dann noch Hobbys, Minijobs und Prüfungsvorbereitungen haben. Ich habe meine Kinder auf eine Ganztagsschule geschickt, damit ich arbeiten kann und sie gut versorgt weiß, unter anderem auch mit einem täglichen warmen Mittagessen. Jetzt, wo sie älter sind und auch zu Hause selber kochen können, ist es schade, dass sie unbenotete extra Stunden in der Schule haben müssen. Eigentlich ist es eine schöne Idee, die immer besser ausgebaut wird, aber es ist für die Jugendlichen teilweise schade und zu viel!“ Insgesamt ist das Prinzip der Ganztagsschule von der Irena-Sendler-Schule gut umgesetzt worden, aber es ist immer noch ausbaufähig. In einem letzten Interview mit Frau Schüch, der Ganztagskoordinatorin der Irena-Sendler-Schule, erklärt sie noch einmal alle Vor- und Nachteile und warum die Irena-Sendler-Schule zu einer Ganztagsschule wurde. Sie sagt: „Vor gut zehn Jahren hatte die Irena-Sendler-Schule sich entschieden zu einer Ganztagsschule zu werden, um die Familien zu entlasten. Die Eltern können arbeiten gehen und die Kinder sind gut betreut und nicht alleine zu Hause. Die Ganztagsschule wirkt der Bildungsschere entgegen, denn Kinder aus bildungsferneren Familien sind eher benachteiligt, wenn sie alleine zu Hause sind. Sie können nicht dieselbe Betreuung und Unterstützung von ihren Eltern bekommen. Die Ganztagsschule ist praktisch, da alle Kinder die gleichen Möglichkeiten bekommen und alle Förder- und Forderangebote am Nachmittag annehmen können.“ Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Ganztagsschulen weiterentwickeln. Nun ist es endlich 16:00 Uhr und ich kann nach Hause gehen.
(Text: Lilja, WP-Kurs Schülerzeitung)